Was ist die Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR)?
Die Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR), auf Englisch „Extended Producer Responsibility“, ist ein umweltpolitisches Prinzip und ein zentraler Bestandteil der modernen Kreislaufwirtschaft. Es verpflichtet Hersteller und Erstinverkehrbringer von Produkten, die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte – und insbesondere deren Verpackungen – zu übernehmen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Phase nach dem Gebrauch, also der Sammlung, Sortierung und dem Recycling der Verpackungsabfälle. Ziel ist es, die Umweltbelastungen durch Verpackungsmüll zu reduzieren, die Ressourceneffizienz zu steigern und die Finanzierung der Entsorgungs- und Recyclingsysteme sicherzustellen.
Gesetzliche Grundlage: Verpackungsgesetz (VerpackG) und EU-Vorgaben
In Deutschland ist die EPR für Verpackungen maßgeblich im Verpackungsgesetz (VerpackG) verankert. Dieses Gesetz setzt die europäische Verpackungsrichtlinie (ursprünglich 94/62/EG , novelliert durch (EU) 2018/852 ) in nationales Recht um. Zukünftig werden die Anforderungen durch die neue EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR – Packaging and Packaging Waste Regulation) weiter harmonisiert und verschärft.
Wer ist von der EPR betroffen?
Die Pflichten aus der Erweiterten Herstellerverantwortung treffen alle „Hersteller“ im Sinne des Verpackungsgesetzes. Dieser Begriff ist weit gefasst und umfasst :
- Produzenten: Unternehmen, die Produkte herstellen und diese verpackt in Deutschland erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringen.
- Importeure: Unternehmen, die verpackte Waren nach Deutschland einführen und hier erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringen.
- Online-Händler: Händler (auch aus dem Ausland), die verpackte Waren direkt an Endverbraucher in Deutschland verkaufen und versenden. Dies gilt explizit auch für Verkäufe über elektronische Marktplätze wie Amazon oder eBay.
- (Unter Umständen) Fulfillment-Dienstleister: Seit der Novelle des VerpackG 2022 können auch Fulfillment-Dienstleister unter bestimmten Voraussetzungen in die Pflicht genommen werden bzw. müssen die Compliance ihrer Auftraggeber prüfen.
Entscheidend ist, wer die systembeteiligungspflichtige Verpackung (also Verkaufs- und Umverpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen ) erstmals gewerbsmäßig in Deutschland in Verkehr bringt. Es gibt keine Bagatellgrenzen – die Pflichten gelten ab der ersten Verpackung.
Welche Pflichten ergeben sich aus der EPR für Verpackungen?
Unternehmen, die unter die EPR fallen, müssen in Deutschland folgende Kernpflichten erfüllen:
- Registrierungspflicht: Vor dem Inverkehrbringen der Verpackungen ist eine Registrierung bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) im Register LUCID erforderlich. Die dort erhaltene Registrierungsnummer (oft als EPR-Nummer für Verpackungen bezeichnet ) ist öffentlich einsehbar und dient als Nachweis.
- Systembeteiligungspflicht: Für die gesammelten Verpackungsmengen muss ein Vertrag mit einem (oder mehreren) dualen Systemen (wie z.B. Der Grüne Punkt) abgeschlossen werden. Über Lizenzentgelte, die sich nach Materialart und Masse der Verpackungen richten, wird die Sammlung, Sortierung und Verwertung der Verpackungen finanziert. Die LUCID-Registrierungsnummer muss dem dualen System mitgeteilt werden.
- Datenmeldungspflicht: Die bei einem dualen System lizenzierten Verpackungsmengen (aufgeteilt nach Materialart) müssen regelmäßig – mindestens jährlich – auch im LUCID-Register gemeldet werden (Mengenmeldung). Diese Meldungen umfassen sowohl geplante Mengen (Planmengenmeldung ) als auch die tatsächlich in Verkehr gebrachten Mengen (Ist-Mengenmeldung/Jahresabschlussmeldung ).
- Vollständigkeitserklärung (VE): Unternehmen, die bestimmte Mengenschwellen pro Jahr überschreiten (aktuell: 80 Tonnen Glas, 50 Tonnen Papier/Pappe/Karton oder 30 Tonnen Kunststoffe/Metalle/Verbundstoffe ), müssen jährlich bis zum 15. Mai eine detaillierte Vollständigkeitserklärung im LUCID-Register hinterlegen. Diese muss von einem registrierten Sachverständigen, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchprüfer geprüft und bestätigt werden.
Bedeutung und Konsequenzen
Die Einhaltung der EPR-Pflichten ist nicht nur eine gesetzliche Auflage, sondern auch eine Voraussetzung für den Marktzugang. Insbesondere Online-Marktplätze wie Amazon prüfen aktiv die EPR-Konformität ihrer Händler und fordern die Hinterlegung der LUCID-Registrierungsnummer. Bei fehlender Registrierung oder Systembeteiligung drohen empfindliche Bußgelder von bis zu 200.000 Euro pro Verstoß, Vertriebsverbote und wettbewerbsrechtliche Abmahnungen. Die öffentliche Datenbank LUCID schafft Transparenz und ermöglicht eine gegenseitige Kontrolle der Marktteilnehmer.
Für Unternehmen bedeutet die Erweiterte Herstellerverantwortung, sich aktiv mit der Nachhaltigkeit ihrer Verpackungen auseinanderzusetzen und einen finanziellen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zu leisten. Ein korrektes Verständnis und die konsequente Umsetzung der EPR sind somit unerlässlich für rechtskonformes und zukunftsfähiges Wirtschaften im Verpackungssektor.